Schatz oder Schaden: Geothermie in Holzkirchen

Das Holzkirchner Geothermie-Projekt bleibt weiterhin umstritten. Vor allem nachdem abermals Probleme aufgetreten sind, die Kosten von mehreren Millionen verursachten. Pleite oder Erfolg? Das sagen Verantwortliche und Kritiker dazu.

bild-60-pumptests-mit-thermalwasserbeckenFraglos ein beeindruckendes Projekt: Die Geothermie- Bohrungen in Holzkirchen. Ob es sich nach all den technischen Schwierigkeiten noch lohnt, können nur klare Zahlen belegen. Und die Fehlen noch. /Foto: Gemeindewerke Holzkirchen

Das Geothermie-Projekt hatte von Anfang an nicht nur Befürworter. Von „Glücksspiel auf Kosten der Bürger“ war die Rede. Und tatsächlich gab es bereits erhebliche technische Schwierigkeiten. Im März Krise, im Juni Erfolg, September wieder große Probleme. Hat die erste erfolgreiche Bohrung nun wirklich einen Schatz gebracht?

Die Marktgemeinde Holzkirchen, die Geothermie Holzkirchen GmbH und deren Vertreter Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU) und Albert Götz werten das Projekt trotz aller Widrigkeiten als Erfolg. Vor allem, weil man bei der ersten Bohrung im Juni Thermalwasser mit einer Temperatur von über 140 Grad Celsius und einer Schüttung von über 60 Litern pro Sekunde gefunden hat.

Damit wurde sichergestellt, dass nicht nur die Temperatur, sondern auch die förderbare Menge für die Stromerzeugung ausreichend ist. „Ein solch erfolgreiches Zwischenergebnis macht natürlich Mut für die weiteren Schritte“, sagte Götz damals, „deshalb haben wir uns sofort nach dem Abschluss der Tests für die Bohrung 1 mit viel Schwung an die Vorbereitungen für die Bohrung ‚Th 2‘ gemacht.“

Anspruchsvolle Bedingungen

Aktuell befindet sich das Projekt in der dritten Sektion der zweiten Bohrung. Dieser Abschnitt reicht von circa 2.500 Metern bis zu 4.500 Metern in die Tiefe. „Diese Sektion gilt als geologisch und technisch anspruchsvollster Abschnitt der Bohrung“, erklärt die Gemeinde auf Nachfrage. Als im März dieses Jahres bei der ersten Bohrung eine Gasblase mit erheblichem Umfang getroffen wurde, sprach man von einer Krise, die drei Millionen Euro kosten könnte. Von der zweiten Bohrung erfuhr man im September, dass der Bohrstrang festsitze und auch nach mehreren Wochen nicht restlos zu lösen war. Auch hier wieder Kosten in Millionenhöhe. Erneut musste ein sogenannter Sidetrack gesetzt werden.

Trotzdem blicken Gemeinde und Gemeindewerke weiter optimistisch in die Zukunft. Das Terrain sei eben schwierig:

Die geologischen Bedingungen hier am Alpenrand und in diesen sehr großen Tiefen sind nun einmal sehr anspruchsvoll. Die beauftragten Fachbüros und die Bohrmannschaft vor Ort haben ausreichend Erfahrung um das Problem bei der zweiten Bohrung zu lösen.

Birgit Eibl (FWG) stört neben dem finanziellen Risiko vor allem die fehlende Transparenz bei dem Geothermie-Projekt. Ausdrücklich erklärt sie, das sei ihre persönliche Meinung, nicht unbedingt die ihrer Fraktion:

Bisher teilte uns Bürgermeister von Löwis mit, dass er selbst keine Kenntnisse über die Zusatzkosten habe und nicht mehr wisse als die Gemeinderäte. Meiner Meinung nach ist diese  Nichtkenntnis bei einem derart großen Projekt ein Unding.

Durch den Schaden bei der ersten Bohrung rechne Eibl mit Mehrkosten von vier Millionen Euro, während sie immer noch auf verlässliche Zahlen bezüglich der zweiten Bohrung warte. Die Geothermie Holzkirchen GmbH bestätigte mehrmals, dass die Versicherung diese Kosten tragen würde. Eibl erklärt allerdings, dass die Gemeinde einen Eigenanteil zu tragen haben wird. Wie hoch der sei, habe man ihr trotz mehrfacher Nachfrage nicht beantwortet. Die Gemeinde erklärt gegenüber der HS:

Die Berechnung hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab. Sobald es hier nähere Informationen gibt, werden wir selbstverständlich die Öffentlichkeit informieren.

Eibl macht deutlich, dass es ihr schwer falle, das Projekt als Erfolg zu werten. Sie wolle sich aber weiterhin einbringen, um den Schaden für die Gemeinde so gering wie möglich zu halten. Schon vor der Abstimmung habe sie sich viele Gedanken gemacht. „Ich habe das Projekt bereits bei der Abstimmung im Gemeinderat (Red.: Mai 2015) nicht als Erfolgsprojekt gesehen,“ erläutert die Gemeinderätin, „da vor allem die finanziellen Risiken viel zu hoch waren und meiner Meinung nach kein wirtschaftlicher Vorteil für die Gemeinde Holzkirchen erkennbar war – lediglich finanzielle Nachteile.“

Verantwortung für Erfolg und Misserfolg

Sie habe immer noch Hoffnung, erwarte nun aber eine offene Informationspolitik der Gemeinde, damit Mutmaßungen über die Zusatzkosten vermieden werden können. Nach der Übernahme der politischen Verantwortung im Falle eines Scheiterns befragt, erklären von Löwis und Götz gemeinsam, dass die Entscheidung zu Gunsten der Geothermie auf detaillierten und umfangreichen Analysen der Experten basiere.

Von daher sei nicht von einer politischen Verantwortung zu sprechen, sondern vielmehr von einer verantwortungsvollen Abschätzung aller Chancen und Risiken. Davon abgesehen sei die Entscheidung für dieses Projekt im Marktgemeinderat auf Basis einer demokratischen Abstimmung getroffen worden. Weiter heißt es:

Da es sich bei der zweiten Bohrung nicht um ein gescheitertes Projekt handelt, stellt sich auch nicht die Frage nach der politischen Übernahme der Verantwortung.

Den ganzen Artikel finden Sie bei der Tegernseer Stimme.